Verteilte Systeme, Big Data, vernetzte Sensoren und Smart City – der Wissenschaftler Prof. Dr. Jan Dünnweber forscht an der OTH Regensburg zu verschiedenen Themen. Nachhaltigkeit spielt vor allem in einem Projekt zur intelligenten Müllentsorgung eine Rolle. Mittels vernetzter Mülltonnen möchte er Ressourcen durch eine optimierte Routenplanung einsparen.
In einem ersten Pilotprojekt hat Professor Dünnweber mit der städtischen Abfallentsorgung der Stadt Regensburg kooperiert und dabei die Biotonnen mit Sensoren ausgestattet. So soll zum einen der Füllstand der Tonnen abgefragt werden und zum anderen anhand der Ergebnisse eine optimierte Route zur Leerung der Behälter errechnet werden. Hier liegt großes Potenzial verborgen. Ein üblicher Mülllaster verbraucht in etwa 80 bis 100 Liter Diesel auf 100 Kilometer. Wenn die angefahrenen Behälter fast leer sind, ist das eine gewaltige Energieverschwendung. Normalerweise müsste ein Fahrer jede Tonne auf seiner festen Route einzeln überprüfen, ob sie voll ist oder nur eine Bananenschale darin liegt. Somit würde er etliche Stunden brauchen und auf unzähligen Kilometern viele Liter Treibstoff verschwenden.
Intelligente Mülltonnenleerung spart Ressourcen und Zeit
Das aktuelle Projekt, das das Leeren der Mülltonnen effektiver und ressourcenschonender machen soll, ist eine fachübergreifende Kooperation, die auf der Idee des Regensburger Professors beruht. Für die Hardware war das Elektroniklabor der Fakultät Elektro- und Informationstechnik rund um Prof. Dr. Martin Schubert verantwortlich. Dort wurde ein Sensor mit zugehörigem Mikrocontroller gebaut, dessen programmierter Timer dafür sorgt, dass der Sensor eine Lebensdauer von rund drei Jahren besitzt. Mit Recherchen zu Technologien aus Sensornetzen, die denen der „intelligenten“ Abfalltonne ähneln, haben Studierende unter Leitung von Prof. Dr. Klaus Volbert, Fakultät Informatik und Mathematik, zu dem Projekt beigetragen. Im Mai 2019 startete der erste Einsatz in Regensburg. Obwohl nur wenige Tonnen mit Sensoren bestückt waren, sei das Feedback des Entsorgungsamts positiv gewesen. „Nicht an überflüssige Standorte fahren zu müssen, spart ordentlich Zeit“, betont Dr. Dünnweber.
Enorme Einsparungen
Zum Abschluss der Simulation zeigt das Programm eine Nachricht auf dem Bildschirm an: „Not visiting the 10 empty containers has reduced the trip by 23,487 meters“. Das bedeutet eine Einsparung von über 23 Kilometern – oder rund 20 Liter Treibstoff.
Viele Einsatzbereiche
In seinem Labor steht der Server für das Projekt – ein ganz normaler Computer. Auf dem Bildschirm ist eine Karte Regensburgs zu sehen. Der Bildschirm zeigt die verschiedenen Füllstände der Container an. Dann lässt Dünnweber das von OTH-Studierenden unter seiner Anleitung entwickelte Programm laufen und innerhalb von zehn Sekunden wird die Strecke 500 Mal simuliert. Zu B eginn ist die Route immer unterschiedlich, doch mit der Zeit arbeitet die Künstliche Intelligenz mittels Ant Colony Optimization (siehe Infokasten) eine optimale Strecke heraus. Zum Abschluss der Simulation zeigt das Programm eine Nachricht auf dem Bildschirm an: „Not visiting the 10 empty containers has reduced the trip by 23,487 meters“. Das bedeutet eine Einsparung von über 23 Kilometern – oder rund 20 Liter Treibstoff. „Das funktioniert mit 20 Tonnen, aber auch mit 500 oder 1.000“, kommentiert der Professor. Das Ganze ist natürlich nicht auf Biotonnen beschränkt, sondern überall dort einsetzbar, wo Container und Behältnisse abgefahren und geleert werden, zum Beispiel bei jeder anderen Mülltonne ebenso wie bei der Altkleiderentsorgung.
Das vorgestellte Programm funktioniert anhand der Ameisenkolonie-Optimierung (Ant Colony Optimization), einem Algorithmus, der sich sein Vorbild in der Natur sucht: Bei der Futtersuche scheiden einzelne Ameisen entlang ihres Weges einen Duftstoff aus, dem andere Ameisen folgen. Verbindet man in einem Experiment eine Futterquelle mit zwei unterschiedlich langen Wegen mit dem Nest, so betreten die Ameisen auf ihrer Suche nach Futter beide Wege etwa gleich häufig. Die Ameisen auf dem kürzeren Weg kehren jedoch schneller von der Futterstelle zurück, so dass mit der Zeit auf dem kürzesten Pfad eine höhere Duftstoffkonzentration als auf dem anderen vorherrscht. In der Folge wählen die nachkommenden Ameisen bevorzugt den kürzeren Weg. Nach diesem Prinzip sucht das Programm den kürzesten Weg zu den vollen Tonnen.
Wie geht es weiter?
Nach dem Testlauf in der Oberpfalz startet nun das Projekt international durch. In Zusammenarbeit mit dem Nabburger Technologie-Konzern emz – Hanauer GmbH wurden die Sensoren in Restmüllcontainern von Hammam Sousse (Tunesien) eingebaut. Seit August 2019 verarbeitet das Programm nun die Daten von 80 Sensoren, verbaut in 80 Containern, die dreimal am Tag angefahren werden müssen. Durch die Nähe zu einem Urlaubsgebiet gebe es starke Stoßzeiten, die die KI-Routenoptimierung ausgleichen solle. Voraussichtlich ließe sich die Fahrstrecke um gut ein Fünftel verkürzen. „Das Projekt geht weiter“, verspricht Dünnweber für die Zukunft. Das internationale Interesse sei groß. Denn das Regensburger Projekt hat gegenüber anderen ähnlichen Programmen einen großen Vorteil: die einfache Durchführbarkeit und Schnelligkeit. Es benötigt weder Großrechner noch lange Rechenzeiten.
Autorin: Karina Amann
Ersterscheinung: TRIOLOG 3/Juli 2020