Mobilität findet sich nicht nur als Forschungsthema in ganz unterschiedlichen Disziplinen der TRIO-Verbundhochschulen, sondern spielt auch in den ostbayerischen Städten Amberg, Deggendorf, Landshut, Passau und Regensburg eine zentrale Rolle. TRIOLOG, das TRIO-Transfermagazin, hat die Verantwortlichen zu relevanten Aspekten des Themas befragt. Eine Kurzversion der Antworten wurden bereits in der aktuellen Ausgabe der TRIOLOG veröffentlicht. Hier lesen Sie die ausführlichen Antworten von Larissa Gerstenberger, Victoria Große und Magnus Stadler, Sachgebiet Verkehrsplanung, Baureferat, Tiefbauamt.
Was ist das größte verkehrsbezogene Problem in Ihrer Region, mit dem Sie sich konfrontiert sehen?
Es gibt einige Herausforderungen im Verkehr im Landkreis und in der Stadt Landshut. Eine Problematik ist, wie in vielen Regionen Deutschlands, den Anteil des motorisierten Individualverkehrs (MIV) zu reduzieren. Demgegenüber soll die Nutzung des Nah-, Rad- und Fußverkehr und des öffentlichen Personennahverkehrs sowie Sharing-Möglichkeiten gesteigert werden. Herausforderungen liegen in der Gewährleistung einer altersgerechten, sozialgerechten, barrierefreien und umweltverträglichen Mobilität.
Die Parkraumbewirtschaftung in hochfrequentierten Gebieten sollte eingeführt bzw. bedacht werden. Ein weiteres Thema ist die Elektromobilität (bei Bussen, Autos, Fahrräder, Scooter), welche in Zukunft weiter ausgebaut werden wird und immer mehr an Bedeutung gewinnt. Die Potenziale von On-Demand-Verkehren und weiteren alternativen Verkehrsangeboten werden für die Region Landshut untersucht.
Die Potenziale von On-Demand-Verkehren und weiteren alternativen Verkehrsangeboten werden für die Region Landshut untersucht."
In vielen Kommunen wird ein kostenloser ÖPNV diskutiert. Welche Rolle spielt aus Ihrer Sicht der ÖPNV im ländlichen Raum überhaupt?
In Landshut wird momentan kein kostenloser ÖPNV diskutiert. Der ÖPNV im ländlichen Raum spielt eine wichtige Rolle, da dort viele Menschen leben, die auf ein flächendeckendes ÖPNV- Angebot angewiesen sind und dieser eine Möglichkeit der Fortbewegung bietet. Der ÖPNV leistet einen wichtigen Beitrag zur Daseinsvorsorge, vor allem auch in ländlichen Regionen. Es ist stets darauf zu achten das ÖPNV-Angebot zu verbessern.
Beim Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektromobilität sind die Kommunen gefordert. Wie sieht die aktuelle Rolle Ihrer Kommune hierzu aus?
Aktuell lauten die Schwerpunkte der Stadtverwaltung „Ermöglichen“ (Bereitstellung von kommunalen Flächen) und „Anreize schaffen“ (z.B. Informationsangebote zum Thema Fördermittel für Unternehmer, Anreize für die Errichtung von Ladeinfrastruktur bei Neubauten über Mobilitätskonzepte).
Die Stadtwerke Landshut betreiben die öffentliche Ladeinfrastruktur in Landshut und bauen diese auch aus. Gespeist werden die Ladesäulen mit dem nachhaltigen und klimaneutralen ÖkoMobil-Strom. Zudem unterstützen sie Privatpersonen sowie Firmen beim Ausbau der Ladeinfrastruktur.
Welche Rolle werden Ihrer Meinung nach alternative Verkehrsmittel wie etwa der Radverkehr in Zukunft spielen?
Der Alltagsradverkehr wird zukünftig im innerstädtischen Verkehr eine zunehmend hohe Bedeutung erlangen und somit eine wesentliche Säule einer Verkehrswende bilden.
Der Alltagsradverkehr wird zukünftig im innerstädtischen Verkehr eine zunehmend hohe Bedeutung erlangen und somit eine wesentliche Säule einer Verkehrswende bilden."
Im Radverkehrskonzept für Landshut 2020ist Folgendes zu lesen:
„Das starke Wachstum der Stadt und der Region Landshut sowie der Klimawandel sind wesentliche Herausforderungen für unsere städtische Mobilität. Hinzu kommen die allgemeine Verkehrszunahme bedingt durch hohen Motorisierungsgrad, demographische Entwicklung und wachsenden Gütertransport und der starke Durchgangsverkehr auf den Bundesstraßen, die durch Landshut verlaufen. Diesen Herausforderungen muss auf mehreren Ebenen begegnet werden. Neben konkreten Maßnahmen zur Entlastung der städtischen Hauptverkehrsstraßen zum Beispiel durch Umfahrungen ist auch eine verstärkte Förderung der Verkehrsmittel des Umweltverbunds notwendig. Auf kurzen innerstädtischen Wegen muss zu Fuß gehen, Rad fahren und mit dem Bus fahren deutlich attraktiver werden. „So sind etwa 50 % der Pkw-Wege [der Landshuter] kürzer als 4-5 Kilometer“ (Haushaltsbefragung zur Mobilität in Stadt und Landkreis Landshut, 2018/19). Diese Zahl aus der aktuellen Haushaltsbefragung zeigt, dass es beispielsweise im Fall von innerstädtischen Wegen mit dem Auto in Landshut durchaus noch Potenzial gibt, diesen Anteil zu reduzieren.
Die positiven Beispiele aus Städten wie das oft zitierte Kopenhagen aber auch aus mit Landshut vergleichbaren Städten wie Bamberg zeigen, dass die negativen Auswirkungen des Verkehrswachstums von mehr Staus, Unfällen, Lärm, CO2- und Schadstoffausstoß nur durch die Verkehrsmittel des Umweltverbunds effektiv eingedämmt werden können. Eine aktive Förderung der öffentlichen Verkehrsmittel, des Radfahrens und der kurzen Wege zu Fuß wird von den Bürgern unterstützt. (...)
Ebenso wichtig für einen attraktiven und sicheren Radverkehr in Landshut ist der Ausbau der Radinfrastruktur. Dafür wurde 2014 ein umfassendes Radverkehrskonzept erstellt und vorgelegt. Auf dessen Basis konnten mehrere Ausbaumaßnahmen geplant und umgesetzt werden. Zwischenzeitlich wurde die Stadt Landshut von der AGFK-Bayern 2016 als fahrradfreundliche Kommune bewertet und ausgezeichnet. Die AGFK-Bayern würdigte den eingeschlagenen Weg der Radverkehrsförderung betonte aber auch, dass weiterhin mehr Anstrengungen für den Radverkehr in Landshut unternommen werden müssen. (...)
Der Radverkehrsanteil im Modal-Split, d.h. der prozentuale Anteil der mit dem Fahrrad zurück gelegten Wege im Vergleich zur Gesamtzahl aller getätigen Wege bzw. Fahrten, hat erfreulicherweise in den letzten Jahren stark zugenommen. Ging man für das Jahr 2012 ... noch von einem moderaten Anteil von 18 % aus, so wurde bei der umfangreichen Haushaltserhebung 2018 an vier repräsentativen Stichtagen im Oktober ein durchschnittlicher Radverkehrsanteil von 26 % ermittelt (Haushaltsbefragung zur Mobilität in Stadt und Landkreis Landshut, 2018/19). Hinzu kommt noch ein Anteil von 2 % aller Wege die mit Pedelecs und E- Bikes zurück gelegt werden. Mit diesem insgesemt hohen Radverkehrsanteil von 28 % ist das im letzen Radverkehrskonzept formulierte Ziel von 25 % klar erreicht. (...)
Derzeit sind 50% der Pkw-Wege der Landshuter kleiner als 5 km (Haushaltsbefragung zur Mobilität in Stadt und Landkreis Landshut, 2018/19; siehe Abbildung 6). Wenn es gelingt, die Kurzstreckenwege mit dem Pkw um ein Drittel zu reduzieren und unter der Annahme, dass der Großteil dieser Wege (z.B. 80 %) durch Fahrrad und Pedelec kompensiert wird, erhöht sich der Radanteil in Landshut von derzeit 28 % auf 35 %. Unter Betrachtung der Umstiegspotenziale von Pkw-Kurzstrecken auf das Rad wird für die kommenden zehn Jahre bis 2030 ein realistischer Radanteil in Landshut von 35% als Zielsetzung formuliert.“
Wie glauben Sie, dass in 20 Jahren die Mobilität in einer Stadt wie Landshut aufgestellt sein wird? (Beispiele: Multimodale Mobilität, Konsolidierung der letzten Meile bei Zulieferern, E-Mobilität im Innenstadtbereich)
Die Nachfrage nach E-Mobilität wird nicht nur im Innenstadtbereich zukünftig zunehmen. Ladeinfrastrukturen sollten weiterhin ausgebaut werden. Die private Nutzung von E-Angeboten wird voraussichtlich zunehmen. E-Parkplätze, E-Fahrzeugzonen oder emissionsfreie Zonen könnten evtl. dafür geschaffen werden. In wirtschaftlichen Unternehmen (z.B. Taxi-Flotten, Paketzustellung, E-Busse) und öffentlichen Verwaltungen ist Entwicklungspotenzial vorhanden. Jedoch sind mit Herausforderungen, wie politische Hemmnisse, Finanzierung, technologische Ansprüche oder Flächeninanspruchnahme, zu rechnen.
Ein ortsnaher Zugang zu unterschiedlichen Mobilitätsangeboten wird gefragt sein.
Der Fokus liegt nicht mehr nur auf einem Verkehrsmittel, sondern auf einer intelligenten Verknüpfung der einzelnen Fortbewegungsmittel."
Der Fokus liegt nicht mehr nur auf einem Verkehrsmittel, sondern auf einer intelligenten Verknüpfung der einzelnen Fortbewegungsmittel. Mobilitätsstationen sind z.B. ein Ausdruck dessen. Sharing Angebote werden gegenüber Privatbesitz an Bedeutung zunehmen.
Das TRIO Team bedankt sich für das Interview.
Ersterscheinung in Kurzform: TRIOLOG Ausgabe 5 (2021)