Phosphor ist ein essenzielles Düngemittel in der Landwirtschaft – allerdings sind die Vorkommen begrenzt und die Preise auf dem Weltmarkt schwanken teilweise stark. Eine große Menge Phosphor könnte jedoch ohne Import-Risiken direkt vor Ort erzeugt werden – durch Recycling aus Klärschlamm. Wie das gehen kann, daran forscht derzeit die Hochschule Landshut mit einem internationalen Team.
In Klärschlamm liegt so mancher Schatz verborgen, zum Beispiel Phosphor – und die Menge ist beachtlich! Prof. Dr. Diana Hehenberger-Risse, Professorin für Effiziente Energiesysteme an der Fakultät Maschinenbau der Hochschule Landshut, macht das anhand einiger Zahlen deutlich: „In deutschen Abwässern steckt ein jährliches Potenzial von rund 70.000 Tonnen Phosphor zur Rückgewinnung, während etwa 120.000 Tonnen pro Jahr allein in Deutschland verbraucht werden.“ Sie ist wissenschaftliche Leiterin des Projekts GreenIKK (Green Infrastructure Maßnahmen aus Klärschlamm-Kaskadennutzung mittels grenz-überschreitender interregionaler Zusammenarbeit) und arbeitet eng mit mehreren deutschen und tschechischen Partnern zusammen. Das grenzübergreifende Forschungsprojekt will die Technologie für das Phosphor-Recycling aus Klärschlamm optimieren und vor allem in strukturschwachen Grenzregionen nutzbar machen. Der Fokus liegt deshalb im bayerisch-tschechischen Grenzgebiet: Im Landkreis Tirschenreuth und der benachbarten Region Tachau / Cheb in Tschechien.

In deutschen Abwässern steckt ein jährliches Potenzial von rund 70.000 Tonnen Phosphor zur Rückgewinnung, während etwa 120.000 Tonnen pro Jahr allein in Deutschland verbraucht werden.“ Prof. Dr. Diana Hehenberger-Risse
Prof. Dr. Diana Hehenberger-Risse
...ist die wissenschaftliche Leiterin des Projekts GreenIKK und Professorin für Effiziente Energiesysteme an der Fakultät Maschinenbau der Hochschule Landshut. E-Mail: diana.hehenberger-risse@haw-landshut.de
Grenzüberschreitende Teamarbeit
Neben Hehenberger-Risse und ihrem Team beteiligen sich Prof. Dr. Josef Hofmann (Fakultät Maschinenbau der HAW Landshut), der Zweckverband IKom Stiftland, der Abwasserentsorger Chevak aus Eger und das Prager Forschungsinstitut für Forst- und Wildwirtschaft an diesem Projekt. „Die tschechischen Partner unterstützen uns bei den chemischen Analysen. Sie messen nicht nur den Phosphorgehalt, sondern auch seine Qualität als Dünger, also wie gut Pflanzen ihn verwerten können“, erklärt Hofmann.
Gewappnet für zukünftige globale Herausforderungen
Im Projekt liegen große Chancen: Gelingt es, regionale Wertschöpfungsketten zu erstellen, wären die Regionen besser gewappnet, um auf globale Herausforderungen wie Klimawandel und Ressourcenknappheit zu reagieren. Denn solche Ereignisse beeinflussen den Preis und die Verfügbarkeit von Phosphor negativ. Die zum Projektabschluss geplanten Handlungsempfehlungen für die teilnehmenden Gemeinden sind daher sowohl aus ökonomischer wie aus ökologischer Perspektive umso wichtiger. Sie zeigen auf, wie Klärschlamm in Zukunft sinnvoll genutzt werden kann.
Projektsteckbrief
Gesamte Projektsumme: 530.881,85 € Laufzeit: März 2017 – März 2020 GreenIKK wird mit 451.249,57 Euro von der Europäischen Union gefördert Das Projekt wird aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) finanziert Insgesamt stellt die Europäische Union 6,6 Mrd. Euro für Projekte dieser Art zur Verfügung Weitere Informationen zu dem Projekt GreenIKK finden Sie hier.
Wenn wieder mehr Phosphor aus dem Düngemittel, also dem Klärschlamm, zurückgewonnen wird, nimmt die Belastung der Böden ab und gleichzeitig wird Deutschland weniger abhängig von Phosphor-Importen.
Die Zeit drängt
Vor allem die in den Jahren 2017 und 2018 in Kraft getretenen verschärften EU-, bundes- und landesrechtlichen Rahmenregelungen (Düngegesetz, Düngeverordnung und Abfallklärschlammverordnung) haben auch regional erhebliche Auswirkungen auf den künftigen Umgang mit dem Thema Klärschlamm. In der Landwirtschaft wurde Klärschlamm bisher als Düngemittel verwendet. Darin enthaltende Schadstoffe wie Mikroplastik, Schwermetalle, Weichmacher aus Kunststoffen oder Rückstände von Arzneimitteln gelangen dabei in die Böden und so auch in unsere Lebensmittel. Nach dem Willen der Bundesregierung soll in spätestens zehn Jahren dieser Kreislauf gestoppt werden. Wenn wieder mehr Phosphor aus dem Düngemittel, also dem Klärschlamm, zurückgewonnen wird, nimmt die Belastung der Böden ab und gleichzeitig wird Deutschland weniger abhängig von Phosphor-Importen.
Bis 2023 sollen Gemeinden Konzepte für das Phosphor-Recycling vorlegen – Handlungs-empfehlungen wie die vom Landshuter Forschungsteam können dabei helfen.
Phosphor aus Asche
Eine Möglichkeit, Phosphor auf die gewünschte Art zu recyceln, bieten sogenannte Monoverbrennungsanlagen. Darin wird getrockneter Klärschlamm verbrannt, aus der verbleibenden Asche lässt sich Phosphor extrahieren. Allerdings gibt es nur wenige Kläranlagen, die eine eigene Monoverbrennungsanlage für Klärschlamm betreiben, aus dem einfachen Grund, dass die Anschaffung für kleinere Kommunen nicht rentabel ist. Zusätzlich muss der Schlamm vor der Verbrennung aufwändig getrocknet werden. „Das kostet viel Energie und wir möchten herausfinden, ob und welche Kläranlagen beispielsweise Solarenergie zur Trocknung einsetzen können“, sagt Hehenberger-Risse. Ähnlich wie in einem Gewächshaus wird der Klärschlamm durch direkte Sonneneinstrahlung getrocknet. Mehrkosten durch den Einsatz konventioneller Energieträger werden so vermieden.
Ökonomische Nutzung von Klärschlamm
Allerdings sind auch die Kosten für Trocknung, Transport und Verbrennung des Klärschlamms hoch und machen die Rückgewinnung von Phosphor für einzelne Kläranlagenbetreiber wie im strukturschwachen bayerisch-tschechischen Grenzland nicht besonders attraktiv. Die Lösung des Problems könnte in regionenübergreifender Zusammenarbeit liegen. „In unserem aktuellen Projekt wollen wir Entsorgungswege analysieren, die sich nicht nur mit Teilaspekten befassen. Wir möchten den ganzheitlichen Ansatz in den Mittelpunkt stellen“, erklärt die Projektleiterin. Eine konkrete Handlungsempfehlung könnte daher sein, Entsorgungsgesellschaften im Verbund mit umliegenden Städten und Gemeinden zu gründen. Diese sollen vor allem kleine Anlagenbetreiber unterstützen. „Das Modell kann dann auch anderen Gemeinden in Grenzregionen als Vorbild dienen.“
Autorin: Katharina Theobaldy (HAW Landshut)
Ersterscheinung: TRIOLOG 3/Juni 2020